Freiburg / Stuttgart, 16. Januar - Die Preisträger des 26. Caritas-Jounalistenpreises stehen fest:
Der mit 3.000 Euro dotierte erste Preis geht an die Filmemacherin Andrea Lotter. Sie wird für den Fernsehbeitrag "Alis Laden - Überleben zwischen Lebensmitteln" ausgezeichnet. In der Reportage, die im SWR-Fernsehen ausgestrahlt wurde, porträtiert Lotter einen türkischen Gemüsehändler, dessen winziger Lebensmittelladen mitten in Stuttgart der Lebensmittelpunkt des gesamten Viertels ist. Denn bei Ali gibt es nicht nur leckeres Obst und Gemüse, sondern vor allem jede Menge Mitgefühl und spontane, unbürokratische Lebenshilfe.
Die beiden zweiten Preise mit einem Preisgeld von jeweils 1.000 Euro erhalten Eva-Maria Manz
von der Stuttgarter Zeitung und die Magazin-Redaktion der Badischen Zeitung in Freiburg. Manz wird für die Reportage "Zwei wie Pech und Schwefel", in der sie von einer außergewöhnlichen Freundschaft zweier Außenseiter und ihrem kleinen, bescheidenen Glück erzählt, ausgezeichnet. Die Badische Zeitung wird für die zwölfseitige Magazinausgabe "Projekt Asyl" gewürdigt, die von zehn Studierenden des Studiengangs Deutsch-Französische Journalistik am Frankreichzentrum der Universität Freiburg zusammen mit der Redaktion in Text und Bild gestaltet wurde. Eine "Lobende Erwähnung" bekommt Christina Schaffelke von der Schwäbischen Zeitung für das Porträt "Im Ring frei".
Der Caritas-Journalistenpreis Baden-Württemberg wird von den beiden Caritasverbänden für die
Erzdiözese Freiburg und der Diözese Rottenburg-Stuttgart vergeben. Mit der Auszeichnung würdigen die beiden katholischen Wohlfahrtsverbände im Land Autorinnen und Autoren für herausragende publizistische Beiträge aus dem sozialen Bereich. Für den 26. Caritas-Journalistenpreis lagen insgesamt 77 Wettbewerbsbeiträge aus Presse, Hörfunk, Fernsehen und Online-Medien vor, aus denen eine unabhängige Jury die Preisträger ermittelte. Die Verleihung der Preise erfolgt am 4. Februar 2015 in Stuttgart im Rahmen der Jahresauftaktveranstaltung der Caritas in Baden-Württemberg.
Die Begründung der Jury:
- Mit ihrem 30-minütigen Film gewährt Andrea Lotter den Zuschauern einen ebenso packenden wie unterhaltsamen Einblick in das aufregend alltägliche Leben des türkischen Gemüsehändlers Ali Nemez und seiner Frau Meral, die mitten in Stuttgart einen winzigen Lebensmittelladen betreiben. Aufregend ist Alis Alltag und der seiner Familie deshalb, weil er in seinem Laden weit mehr bietet als nur ein reines Warensortiment: Mit seiner zugewandten, unverstellten Menschenfreundlichkeit, gepaart mit jeder Menge Humor und Mitgefühl, setzt er alles dran, die Wünsche seiner zumeist älteren Kundschaft zu erfüllen. Dazu gehört auch spontanes, unkompliziertes An- und Zupacken dort, wo jemand Hilfe benötigt. Ali ist nicht nur Gemüsehändler, sondern auch Seelsorger und Sozialarbeiter. Sein Laden ist mehr als ein Verkaufsraum, er ist der Lebensmittelpunkt des Viertels. Und bei all dem umtriebigen Geschehen ist der Zuschauer mittendrin dabei und taucht ein in viele wundervolle kleine berührende Geschichten voller Mitmenschlichkeit, die jede für sich genommen groß ist. Der Macherin des Films gelingt es in hervorragender Weise, die besondere Atmosphäre in und um Alis Laden so einzufangen, als wäre überhaupt keine Kamera dabei. Sie zeigt ein aus dem Leben gegriffenes, sympathisches Beispiel eines Zuwanderers, für den Nächstenliebe kein Fremdwort, sondern Motiv für sein tägliches Handeln ist.
- Mitten in der aktuellen Debatte um die Ursachen und Auswirkungen der weltweiten Flüchtlingsströme, die auch in Baden-Württemberg deutlich spürbar werden, hat die Badische Zeitung mit einem zwölfseitigen Magazin ihrer Wochenendausgabe einen herausragenden publizistischen Akzent gesetzt. Sie ermöglichte zehn Journalistik-Studierenden am Frankreichzentrum der Universität Freiburg, das Thema Asyl in einer bemerkenswerten Breite und Tiefe auszuloten, ansprechend visuell gestaltet ins Blatt und damit an die Leserinnen und Leser zu bringen. Den angehenden Journalistinnen und Journalisten ist es mit der handwerklichen Begleitung der BZ-Redaktion dabei hervorragend gelungen, wie in einem Kaleidoskop unterschiedliche Facetten des Themas auszuleuchten: angefangen von ganz persönlichen Flüchtlingsgeschichten über Hintergrundinterviews zum Europäischen Asylrecht und zur Darstellung von Migranten in den Zeitungen bis hin zu Schilderungen der aktuellen Wohnsituation von Flüchtlingen im Elsass und in einer Schwarzwaldgemeinde. Was bei der Fülle der Beiträge dabei besonders positiv ins Auge fällt, ist die Weite in der Betrachtung und in der Darstellung, mit der eine oftmals anzutreffende Problem-Fokussierung beim Thema Asyl aufgebrochen wird. Das ist wohltuend. Eine journalistische und in mehrfacher Hinsicht Grenzen überschreitende Gemeinschaftsleistung!
- Glück ist ein großes Wort. Und was es zu einem glücklichen Leben braucht, das versuchen Werbe-, Marketing- und Kommunikationsstrategen jeden Tag mit viel Aufwand unter das Volk zu bringen. Was Glück, oder sagen wir besser: Zufriedenheit, für zwei Menschen bedeutet, die auf der Schattenseite des Lebens zu Hause sind, davon erzählt Eva-Maria Manz in ihrer großartigen Reportage "Zwei wie Pech und Schwefel". Es ist eine fast schon beiläufige Geschichte von zwei Außenseitern, berufsunfähig und schwer am Arbeitsmarkt vermittelbar, die zusammen mit Hasen, Schafen und Ziegen in einem Stall in Oberschwaben ihr kleines, aber feines Glück gefunden haben. Ohne überdrehte Sprachdrexeleien und dramatisierende Zuspitzungen nimmt die Autorin den Leser einfach an der Hand und macht ihn mit den beiden außergewöhnlichen Protagonisten bekannt, die zudem - auch das ist hervorzuheben - in einem bestechenden Bild des Fotografen Andreas Reiner den Betrachter mit Gemütsruhe regelrecht in die Augen blicken. Unaufdringlich schildert die Autorin zwei Leben, die jenseits der gängigen Lebensentwürfe verlaufen. Und genau diese Unaufdringlichkeit, ja Einfachheit des Erzählens vom unspektakulären, aber zufriedenen Leben zweier Menschen am Rande der Gesellschaft ist es, die der Reportage jene Spannung und Authentizität verleiht, die sie so herausragend macht und dabei ganz neue Einsichten bei der Frage nach dem Glück eröffnet.
- "Im Ring frei" erzählt von einem jungen Mann mit Down-Syndrom, der sich seit elf Jahren dem Boxsport verschrieben hat und gemeinsam mit Sportlern ohne Handicap trainiert. Sein größter Traum: Einmal in den Ring zu steigen und vor einem großen Publikum zu boxen. Mit der Geschichte dieses außergewöhnlichen Boxers gelingt es Christina Schaffelke nicht nur, die integrative Seite des Sports aufzuzeigen. Mehr noch: Sie versteht es mit ihrer Geschichte, den jungen Mann mit Behinderung als einen aktiven, lebenshungrigen Menschen mit Träumen und voller Wünsche darzustellen. Jenseits gängiger Klischees und Vorstellungen zeigt sie eindrucksvoll einen Menschen mit Down-Syndrom, der diszipliniert, konzentriert und fokussiert daran arbeitet, sein Ziel zu erreichen. Eine starke Geschichte von einem jungen, zielstrebigen Mann, der seine Grenzen überwindet und seinen Traum verwirklicht!