„Unsere Fachkräfte leisten derzeit unglaublich viel“
Die Coronakrise stellt wie so viele andere auch Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe vor ganz besondere Herausforderungen. Gewohnte Tagesstrukturen und eingespielte Abläufe funktionieren in der Ausnahmesituation nicht mehr. Das erfordert von den Mitarbeiter*innen eine hohe Flexibilität und Einsatzbereitschaft, um die Kinder und Jugendlichen bestmöglich zu versorgen. Wie man in Mariahof in Hüfingen die aktuelle Lage bewältigt, schildert Einrichtungsleiter Oscar Hannabach. Die Kinder- und Jugendhilfeeinrichtung in Trägerschaft des Diözesan-Caritasverbandes Freiburg hat Standorte in Titisee-Neustadt, Freiburg, Denzlingen, Donaueschingen und dem Schwarzwald-Baar-Kreis.
Oscar Hannabach, Einrichtungsleiter von Mariahof in Hüfingen. Quelle: Privat.
"In unseren Einrichtungen sind alle Termine und Konferenzen sowie Tagungen abgesagt, die wichtigsten Absprachen und Regelungen organisieren wir über Videokonferenzen.
Die Wohngruppen werden nicht geschlossen und wir schicken die Mitarbeitenden nicht nach Hause oder ins Homeoffice, denn wir haben den Auftrag und die Verantwortung, die Kinder und Jugendlichen in vollem Umfang zu versorgen und zu betreuen. Dem wollen wir auch unter diesen zurzeit sehr schwierigen Bedingungen gerecht werden.
Die Betreuungszeiten für die Wohngruppen sind durch Schul- und Kitaschließungen deutlich ausgeweitet, das heißt wir müssen mit dem gleichen bzw. durch Krankheit (kein Corona) verringertem Personal deutlich mehr Betreuungszeiten abdecken. Da die Schulen geschlossen sind, das Vereinsleben zum Erliegen gekommen ist und alle Freizeitaktionen mit externen Fachkräften abgesagt wurden, sind die Kinder und Jugendlichen somit die ganze Zeit in der Einrichtung und dürfen auch nur innerhalb der Gruppe Kontakt haben. Das ist eine große Herausforderung für die Erzieher*innen und Sozialpädagog*innen. Es gilt, dem "Lagerkoller", der jetzt auch in vielen Familien auftritt, mit Ideen, guter Stimmung und Motivation zu begegnen.
Eine Erzieherin beschäftigt zwei Jungs einer Wohngruppe. Quelle: Mariahof.
Unsere Fachkräfte leisten hier derzeit unglaublich viel. Sie sind an der Seite der Kinder und Jugendlichen und haben viel mehr zu leisten als sonst. Sie sind ständig präsent, beschäftigen die Kinder und Jugendlichen und erklären ihnen, warum sie plötzlich alles nicht mehr dürfen, was gestern noch wichtig war und Freude gemacht hat. Die Ängste, in der Schule abgehängt zu werden, sind bei unseren Kindern stärker, weil sie mehr nachzuholen haben.
Die Kontakte zu den Familien, die für die meisten Kinder das Wichtigste in ihrem Leben sind, finden derzeit nicht mehr statt. Die Freunde und Spielgefährten sind nicht mehr verfügbar. Die Ferienaktivitäten fallen aus, Besuche bei Freunden und Verwandten auch. Die Gruppenmitglieder sind zwar da - im Moment sind sie sogar immer da. Aber das hat zwei Seiten: Denn die Konflikte werden eher mehr als weniger, wenn man so dicht zusammen ist.
Gemeinsam versuchen wir, die täglichen Herausforderungen zu meistern. Damit die Kinder und Jugendlichen auch in diesem Ausnahmezustand gut aufgehoben sind, gehen unsere Fachkräfte an die Grenze dessen, was leistbar ist."