Freiburg/Rottenburg/Stuttgart, 4. Dezember 2017 - Die beiden (Erz)-Bistümer Freiburg und Rottenburg-Stuttgart sowie ihre Caritas setzen sich für die Familienzusammenführung ein. Sie befürworten die Zusammenführung sowohl von Personen mit Flüchtlingsanerkennung als auch für die von subsidiär Schutzberechtigten. Dafür werben sie mit einer Aktionswoche "Recht auf Familie - Integration braucht Familienzusammenführung" vom 4. bis 10. Dezember, die sie gemeinsam mit der Liga der freien Wohlfahrtspflege in Baden-Württemberg und anderen Kooperationspartnern veranstalten.
Die beiden Diözesen und ihre Caritas machen damit besonders auf die andauernde humanitäre Notlage von geflüchteten Familien aufmerksam, die den subsidiären Schutzstatus erhalten haben und aufgrund dessen ihre Familien nicht nach Deutschland nachholen können. Subsidiärer Schutz gilt für Personen, denen im Falle einer Rückkehr in ihr Herkunftsland Folter, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder allgemeine Gefahren aufgrund eines Krieges drohen. Für diese Gruppe ist die Möglichkeit des Familiennachzuges in 2016 für einen Zeitraum von zwei Jahren generell ausgesetzt worden.
Die katholischen Bistümer und ihre Caritas warnen davor, den Familiennachzug im Zusammenhang mit einer Aufnahmebegrenzung zu diskutieren und das Schicksal der Flüchtlingsfamilien zum politischen Spielball zu machen. Dies wäre nach Auffassung der Caritas-Experten sowohl integrationspolitisch als auch unter humanitären Gesichtspunkten fatal. Wenn die Familienzusammenführung verhindert werde, erschwere das nicht nur die Integration der Geflüchteten. Auch die bislang große Hilfs- und Aufnahmebereitschaft engagierter Bürgerinnen und Bürger leide deutlich darunter, so die Fachleute der Caritas. Restriktive Regelungen und blockierte Integration führten vor Ort zu Frustration und Rückzug der freiwillig Engagierten, so deren Beobachtung.
Für subsidiär Schutzbedürftige steht die Frage im Raum, ob sie nach Ablauf einer Frist, in der sie ihre Familie nicht nachholen dürfen, ihre Angehörigen nachziehen lassen können oder ob diese Frist erneuert wird. Zuletzt wurde dies im Rahmen der gescheiterten Koalitionsverhandlungen auf bundespolitischer Ebene kontrovers diskutiert. Befürchtet wird von Seiten der Kritiker, dass bei einer Öffnung eine sehr große Zahl an Familienangehörigen zusätzlich nach Deutschland kommen könnte. Darüber hinaus wird in der Regel auch das Argument angeführt, diese Gruppe sei nicht verfolgt und könne nach Ende des Bürgerkrieges schnell in das Herkunftsland zurückkehren.
Es ist aber deutlich erkennbar, dass viele syrische Personen diesen Schutzstatus erhalten haben und eine Rückkehr nach Syrien in absehbarer Zeit nicht erfolgen kann. So würden Familien über mehrere Jahre getrennt bleiben und Angehörige in Gefahr leben. Im Rahmen der Aktionswoche fordern Kirche und ihre Caritas in Baden-Württemberg daher, die Aussetzung des Familiennachzugs für diese Gruppe ab 2018 im Gesetz nicht mehr fortzuführen. Auch wenn die Städte und Kommunen unzweifelhaft vor der schwierigen Herausforderung stehen, für die Unterbringung und das Auskommen der Geflüchteten zu sorgen, ist es ein Gebot der Humanität, durch Flucht getrennte Familien wieder zusammenzubringen.
In diesem Zusammenhang verweisen die beiden Diözesen auf eine Stellungnahme des Kommissariats der Deutschen Bischöfe in Berlin. Dieses erklärt, dass bei der Entscheidung über Familiennachzug im individuellen Fall sichergestellt sein müsse, dass die Einheit der Familie tatsächlich hergestellt werden könne. Zu berücksichtigen sei insbesondere, ob eine Familienzusammenführung im Herkunfts- oder in einem Drittstaat möglich und zumutbar sei. Dies sei beispielsweise im Falle Syriens eindeutig nicht der Fall. Die Erzdiözese Freiburg wie auch die Diözese Rottenburg-Stuttgart unterstützen daher die Forderung des Kommissariats dafür zu plädieren, die Aussetzung des Familiennachzugs für subsidiär Schutzberechtigte in § 104 Abs. 13 AufenthG ersatzlos zu streichen.
Über die Fonds der Bistümer im Rahmen von Individualhilfen, in den Caritas-Migrations- und Flüchtlingsberatungsstellen sowie in der Jugendmigrationsberatung werden Flüchtlinge unterstützt, damit sie nach Monaten und Jahren der Trennung ihre Ehepartner, Kinder und auch Eltern wiedersehen können. In den meisten Fällen ist dieser Prozess geprägt von enormen, vielschichtigen Hürden. Derzeit etwa können viele Geflüchtete von Syrien aus nicht mehr in die Türkei einreisen, um dort den Botschaftstermin wahrzunehmen. Damit wird das ganze Verfahren gestoppt, da keine andere Auslandvertretung mehr in erreichbarer Nähe ist. Hinzu kommen lange Wartezeiten, bis die deutschen Auslandsvertretungen überhaupt ein Visum erteilen.
Im Rahmen der Aktionswoche laden Caritas-Migrations- und Flüchtlingsberatungsstellen zum Beispiel Abgeordnete zu Gesprächen über dieses Thema ein, organisieren Informationsabende und Unterschriftenaktionen. Dort, wo Betroffene sich im Vorfeld entschieden haben, über ihre Geschichte zum Thema Familienzusammenführung zu sprechen, werden sie im Mittelpunkt der jeweiligen Caritas-Aktion stehen.
Weitere Informationen zur LIGA-Aktionswoche unter http://recht-auf-familie.liga-bw.de
Herausgegeben von der Caritas Baden-Württemberg.
Gleichlautende Pressemeldung erhalten Sie heute auch von den Pressestellen des Erzbistums Freiburg und des Bistums Rottenburg-Stuttgart.