Caritas und Diakonie besiegeln gute
Zusammenarbeit
Bundesweit erste "Charta
Oecumenica
Socialis
" in
Baden unterzeichnet
Freiburg (
cpi
).
Der Caritasverband für die Erzdiözese
Freiburg und das Diakonische Werk Baden haben heute bei ihrem Jahresempfang in Freiburg
die bundesweit erste "Charta
Oecumenica
Socialis
" unterzeichnet. Mit den Unterschriften von
Diözesan-Caritasdirektor
Msgr
. Bernhard
Appel
und Hauptgeschäftsführer Oberkirchenrat Johannes
Stockmeier besiegelten die beiden badischen kirchlichen Wohlfahrtsverbände ihre
seit langem bewährte gute Zusammenarbeit. Die Rahmenvereinbarungen orientieren
sich unter anderem an der "Charta
Oecumenica
",
die 2001 in Straßburg "Leitlinien der Zusammenarbeit der christlichen
Kirchen in Europa" festschrieb.
Caritas und Diakonie bestärken in ihrer
"Charta" ihre "Option für die Armen" und den Willen, "
anwaltschaftlich
für die Menschen einzutreten, die sonst
kein Gehör finden". Regelmäßige Kommunikation der Verbandsleitungen,
verstärkte Zusammenarbeit der verschiedenen Fachreferate und gemeinsame
Fortbildungsangebote für die Mitarbeitenden in beiden Verbänden erfüllen die
Vereinbarung mit Leben.
Neben der Zusammenarbeit der Fachberatungen
für Kindertagesstätten sowie Sozial- und Diakoniestationen wird z.B. die
weitere Umsetzung gemeinsamer Projekte wie "Gemeinsam gewinnen - Soziale
Partnerschaften zwischen Unternehmen und gemeinnützigen Organisationen"
und "engagiert plus - Freiwilligendienste für junge Menschen"
bestätigt. Als "lernende Organisationen" wollen sich das Diakonische
Werk Baden und der Diözesan-Caritasverband Freiburg den politischen und
gesellschaftlichen Herausforderungen im Land und im vereinten Europa stellen.
Im Rahmen des Jahresempfangs hatte der
Chefredakteur der in Freiburg erscheinenden "Herder Korrespondenz",
Ulrich Ruh, das evangelisch-katholische Verhältnis aufgrund der
"historischen und zahlenmäßigen Konstellation als die entscheidende
ökumenische Herausforderung" bezeichnet. Trotz vieler eigener Probleme, so
Ruh, "dürfen die beiden Kirchen einander nicht loslassen".
Zu den beiden kirchlichen Wohlfahrtverbänden
in Baden gehören rund 5.000 Dienste, Einrichtungen und Verbände mit mehr als
45.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.
cpi
12/2007-glü
27.
Juni
2007
CHARTA OECUMENICA
SOCIALIS
Rahmenvereinbarung über die Zusammenarbeit
zwischen dem Diakonischen Werk der Evangelischen Landeskirche in Baden e.V. und
dem Caritasverband für die Erzdiözese Freiburg e.V.
Einführung
Die "CHARTA OECUMENICA SOCIALIS" -
Leitlinien für die partnerschaftliche und arbeitsteilige Zusammenarbeit der
beiden kirchlichen Wohlfahrtsverbände in Baden, dem Diakonischen Werk der
Evangelischen Landeskirche in Baden und dem Caritasverband für die Erzdiözese
Freiburg, wurde am 27. Juni 2007 in Freiburg anlässlich des zweiten gemeinsamen
Jahresempfangs von Diakonie und Caritas von Oberkirchenrat Johannes Stockmeier,
Hauptgeschäftsführer der Diakonie in Baden, und Monsignore Bernhard
Appel
, Direktor des Caritasverbandes für die Erzdiözese
Freiburg, unterzeichnet.
Die Vereinbarung steht auf den Fundamenten
- der gemeinsamen Erklärung der Erzdiözese
Freiburg und der Evangelischen Landeskirche in Baden "Gottesdienste und
Amtshandlungen als Orte der Begegnung" (Freiburg/Karlsruhe 1999),
- der "Charta
Oecumenica
- Leitlinien der Zusammenarbeit der christlichen Kirchen in Europa"
(Straßburg 2001),
- deren feierlicher Bekräftigung durch die
in der Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen in Deutschland vertretenen
Kirchen während des ersten ökumenischen Kirchentages (Berlin 2003)
- und der Rahmenvereinbarung für ökumenische
Partnerschaften zwischen evangelischen Pfarrgemeinden in der Evangelischen
Landeskirche in Baden und römisch-katholischen Pfarreien in der Erzdiözese
Freiburg (Freiburg/Karlsruhe 2004).
Die CHARTA OECUMENICA SOCIALIS versteht sich
als Weiterentwicklung und
Konkretion
der Ökumene der
Kirchen im Bereich der freien Wohlfahrtspflege.
Gleichzeitig ist die CHARTA OECUMENICA
SOCIALIS Ausdruck einer verstärkten koordinierten Zusammenarbeit zwischen dem
Diakonischen Werk in Baden und dem Caritasverband für die Erzdiözese Freiburg.
Die einzelnen Vereinbarungen werden in
partnerschaftlicher und arbeitsteiliger Kooperation mit Leben erfüllt.
Vorwort
Miteinander verbunden im Auftrag Jesu und in
der Verwirklichung des diakonischen Auftrags der Kirchen bringen sich das
Diakonische Werk in Baden und der Diözesan-Caritasverband Freiburg mit
innovativen Impulsen als starke gesellschaftliche Kräfte in ökumenischer
Zusammenarbeit in die Politik unseres Landes ein. Mit der CHARTA OECUMENICA
SOCIALIS setzen sie einen verbindlichen Maßstab für ihr Handeln. Die
Vereinbarung hat keinen kirchenrechtlich gesetzlichen Charakter. Ihre
Verbindlichkeit besteht in der Selbstverpflichtung der beiden kirchlichen
Wohlfahrtsverbände, sich über gemeinsame Inhalte und Ziele der sozialen
Verantwortung zu verständigen und diese miteinander zu vertreten.
Präambel
Im Bekenntnis zur Taufe als dem
grundlegenden Band der Einheit in Jesus Christus,
getragen von der Bitte Jesu, "dass alle
eins seien"
[1]
,
im Wissen um die gleichen Wurzeln in Berufung,
Sammlung und Sendung,
ermutigt durch die Ökumene der Kirchen
und durch die langjährige Zusammenarbeit in
den Handlungsfeldern der freien Wohlfahrtspflege
verpflichten sich das Diakonische Werk der
Evangelischen Landeskirche in Baden und der Caritasverband für die Erzdiözese
Freiburg mit all ihren Mitgliedseinrichtungen und örtlichen Gliederungen als
§ Lebens- und Wesensäußerungen ihrer Kirchen
[2]
§ professionelle
Dienstleister
§ verlässliche Anwälte der Benachteiligten
§ effiziente Förderer von Selbsthilfe
§ wirkungsvolle Solidaritätsstifter
die gemeinsamen Anliegen und Visionen der
Kirchen gegenüber den politischen und gesellschaftlichen Institutionen zu
vertreten und im Sinne einer partnerschaftlichen und arbeitsteiligen
Kooperation umzusetzen und unterzeichnen folgende Rahmenvereinbarung:
Ökumenische Partnerschaftsvereinbarung
"Dient einander als gute Verwalter der
vielfältigen Gnade Gottes,
jeder mit der Gabe, die er empfangen
hat."
1 Petr 4, 10
"Wir sind also Gesandte an Christi
Statt,
und Gott ist es, der durch uns mahnt.
Wir bitten an Christi Statt: Lasst euch mit
Gott versöhnen!"
2 Kor 5, 20
Die Ökumene lebt vom gemeinsamen Hören auf
Gottes Wort und der Offenheit für die Wirkung des Heiligen Geistes für, in und
durch uns.
Zur sichtbaren Einheit der Kirche Jesu
Christi trägt nicht nur die Gemeinschaft in Gebet und Gottesdienst bei, sondern
ebenso das gemeinsame Eintreten für Frieden, soziale Gerechtigkeit und die
Bewahrung der Schöpfung.
Als dienende Kirche macht sie im
diakonischen Handeln Gottes gnädige Gerechtigkeit im gesellschaftlichen Alltag
wie im persönlichen Leben erfahrbar.
Wir setzen uns ein für ein humanes und
soziales Gemeinwesen, in dem die Menschenrechte und Grundwerte des Friedens,
der Gerechtigkeit, der Freiheit, der Toleranz, der Partizipation, der Subsidiarität,
der Solidarität und der Nachhaltigkeit zur Geltung kommen.
Wir betonen die Ehrfurcht vor dem Leben, den
vorrangigen Einsatz für die Armen, die Bereitschaft zur Vergebung und in allem
die Barmherzigkeit.
Wir verstehen uns als innovative Impulsgeber
und starke gesellschaftliche Kraft.
Auf dieser Grundlage wird die folgende
Rahmenvereinbarung getroffen:
1.
Als Volk Gottes ist es uns ein Anliegen,
gemeinsam das Evangelium in die gesellschaftliche Öffentlichkeit hinein zu
vermitteln und durch sozialen Einsatz und die Wahrnehmung politischer
Verantwortung zur Geltung zu bringen.
Wir verständigen uns über Inhalte und Ziele
unserer sozialen Verantwortung und vertreten möglichst gemeinsam unsere
Anliegen und Visionen gegenüber den politischen und gesellschaftlichen
Institutionen.
2.
Gemäß dem Auftrag der Schrift lassen wir uns
dabei von der Option für die Armen leiten und treten
anwaltschaftlich
für die Menschen ein, die sonst kein Gehör finden.
Dies bedeutet insbesondere:
§ Wir treten der Diskriminierung von Menschen
entgegen und setzen uns für
ihre Teilhabe am gesellschaftlichen Leben
ein.
§ Wir treten für die Rechte von
Migrantinnen
und
Migranten
ein.
§ Wir setzen uns für Gerechtigkeit zwischen
den Geschlechtern ein.
§ Wir fördern den Zusammenhalt und das Zusammenleben
der Generationen.
§ Wir treten für die Lebensrechte und
Lebenschancen behinderter, chronisch kranker und pflegebedürftiger Menschen
ein.
§ Wir tragen dazu bei, positive
Lebensbedingungen für junge Menschen und ihre Familien sowie eine kinder- und
familienfreundliche Umwelt zu erhalten
oder zu schaffen.
3.
Wir sehen den Menschen als Person in seiner
individuellen Einzigartigkeit und Würde.
Wir machen uns stark für die Solidarität der
Gesinnung und des Handelns als Grundprinzip des menschlichen Zusammenlebens.
Leitend für unser Handeln ist das Prinzip
der Subsidiarität. Wir achten darauf, im Sinne der Befähigung und der Stärkung
(
Empowerment
) und der Sozialraum-Perspektive nach
Möglichkeit die Selbsthilfekräfte des Einzelnen oder einzelner Gruppen zu
unterstützen.
4.
Unser Dienst findet seine Deutung und
Stärkung im Gebet mit- und füreinander und in gemeinsamen Gottesdiensten.
Das gegenseitige
Kennenlernen
lässt uns erfahren, dass es immer ein "Mehr" gibt, das uns in der Kraft
des Heiligen Geistes miteinander verbindet,
5.
Mit dieser Rahmenvereinbarung verpflichten
wir uns, die bestehenden Kooperationen und gemeinsamen Unternehmungen von
Caritas und Diakonie auf örtlicher Ebene zu unterstützen und konstruktiv zu
begleiten. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Verknappung der örtlichen und
überörtlichen Ressourcen es zwingend notwendig
machen
,
eine Leistung zukünftig gemeinsam oder in gegenseitiger Vertretung anzubieten.
Die beiden Verbandszentralen kommen dieser
Verpflichtung nach durch:
a) regelmäßige Kommunikation der
Verbandsleitungen. Sie treffen sich mindestens zweimal jährlich zur
Konsultation.
b) verstärkte Absprachen zwischen den
Fachberatungen für Tageseinrichtungen
für Kinder sowie Sozial- und
Diakoniestationen. Die bewährte Zusammenarbeit in der "4-Kirchenkonferenz
für Kindergartenfragen in Baden-Württemberg" wird dadurch ergänzt.
c) die Verständigung der Fachreferate beider
Verbände über gemeinsame Positionen in aktuellen fachlichen und fachpolitischen
Fragen und auf gemeinsame Ziele im Kontext der jeweiligen Jahresthemen.
d) die Verstetigung der bestehenden und
Initiierung von neuen gemeinsamen Konferenzen von Trägern und Leitungen in
verschiedenen Geschäftsfeldern.
Beispielhaft sind hier genannt die
Initiativen für Beschäftigung und Arbeit sowie die örtlichen diakonischen Werke
und Caritasverbände.
e) die Entwicklung gezielter
Fortbildungsangebote für Mitarbeitende beider Verbände. Dies schließt Angebote
spiritueller Erfahrungen und sozialethischer Profilierung ausdrücklich ein.
Die Rahmenvereinbarung betrifft auch die
Zusammenarbeit auf Landesebene. Der gemeinsame Auftritt und die verstärkte
Zusammenarbeit beider Verbände werden erfüllt durch:
-
öffentliche Positionierung im Rahmen von Jahresempfängen in
zweijährigem Rhythmus mit einem sozialpolitischen Schwerpunkt;
-
Besuche in den Gebietskörperschaften des gemeinsamen
Verbandsbereiches von Hauptgeschäftsführer und Diözesan-Caritasdirektor;
-
erfolgreiche Umsetzung gemeinsamer Projekte wie z. B.
"Gemeinsam gewinnen" und "Engagiert plus" sowie
Fortsetzung der Koordination in der zugehörigen Öffentlichkeitsarbeit;
-
die weitergehende Zusammenarbeit mit unterschiedlichen Partnern wie
z.B. der
Oberle-Stiftung
;
-
die kontinuierliche Prüfung durch die Verbandsleitungen, inwieweit
bestehende Aufgaben oder neue Herausforderungen für die Verbandszentralen
in partnerschaftlicher und arbeitsteiliger Erledigung oder in
gegenseitiger Vertretung wahrgenommen werden können.
6.
Die politischen und gesellschaftlichen
Rahmenbedingungen in unserem Land wie auch in einem geeinten Europa verändern
sich
tiefgreifend
.
Das Diakonische Werk der Evangelischen
Landeskirche in Baden und der Caritasverband für die Erzdiözese Freiburg nehmen
diese Herausforderungen als lernende Organisationen an.
Wir nehmen die gesellschaftlichen und
politischen Entwicklungen wahr, setzen uns mit diesen auseinander und nehmen
Einfluss auf die politische Willensbildung. Dabei sind die Perspektiven und
Entwicklungspotenziale der Mitarbeitenden, Partner und Hilfebedürftigen zu
berücksichtigen.
Abschluss
Mit dieser Vereinbarung geben wir dem
wachsenden Miteinander einen verbindlichen Rahmen und verpflichten uns, dieses
Miteinander auch weiterhin zu fördern und zu entwickeln.
Diese Rahmenvereinbarung wird in ihrer
gesellschaftlich-politischen und kirchlichen Relevanz alle zwei Jahre
überprüft.
So suchen wir der Gemeinschaft in Zeugnis
und Dienst gerecht zu werden zur
Ehre Gottes, des Vaters und des Sohnes und
des Heiligen Geistes.
Freiburg, 27. Juni 2007
Für das Diakonische Werk der Für den
Caritasverband für die
Evangelischen Landeskirche in Baden e. V. Erzdiözese Freiburg e.V.
Oberkirchenrat Johannes Stockmeier
Monsignore Bernhard
Appel
Hauptgeschäftsführer Diözesan-Caritasdirektor
[1]
Joh
17,21
[2]
Vgl. Diakoniegesetz der Evangelischen Landeskirche in Baden Teil I, § 1, Abs. 3
und Papst Benedikt XVI: Deus
caritas
est
, S. 33-34