Stuttgart - 91 Prozent der jungen Menschen glauben, dass sie im Alter arm sein werden. Zu Recht fragen sie, ob wir unseren Wohlstand halten können, wenn die Gesellschaft so rapide altert und zugleich schrumpft. Wie ist es machbar, dass die jüngere Generation nicht für zwei arbeiten muss? Loyalität und Fairness zwischen den Generationen - dieser großen Zukunftsaufgabe nimmt sich die Caritas in Baden-Württemberg unter dem Motto "Mach dich stark für Generationengerechtigkeit" an. Beim Caritas-Jahresauftakt im Haus der Katholischen Kirche am Mittwoch in Stuttgart regte der katholische Wohlfahrtsverband an, Bedingungen zu schaffen, damit alle Generationen ein gutes Leben führen können. Im Mittelpunkt stand ein faires Miteinander von Jungen und Alten, aber auch von Einheimischen und Zugewanderten als Gewinn für die gesamte Gesellschaft. Das Fazit: Damit keine Generation zu Lasten der anderen lebt, muss die Politik sicherstellen, dass auch nachfolgende Generationen einen ausreichenden Schutz in den Sozialversicherungssystemen erhalten. Zugleich gilt es, die Lebensleistung der älteren Generation zu respektieren.
"Letztlich geht es um die zentrale Frage, welche Voraussetzungen geschaffen sein müssen, damit gesellschaftliche Teilhabe und Chancengerechtigkeit für die gegenwärtigen und die zukünftigen Generationen gesichert werden können", sagte Diözesan-Caritasdirektor Monsignore Bernhard Appel (Freiburg) vor rund 200 Gästen aus Politik, Medien, Kirche und Wissenschaft. "Generationengerechtigkeit bedeutet eine soziale, kulturelle, ökologische und wirtschaftliche Gestaltung der Umwelt und der Gesellschaft, die für jede (auch künftige) Generation annähernd gleiche Teilhabe- und Verwirklichungschancen sicherstellt."
Dass der Anteil der älteren Menschen bei Wahlen immer größer wird, sieht Wolfgang Gründinger, Sprecher der Stiftung für die Rechte zukünftiger Generationen aus Berlin, kritisch: "Mit der demografischen Verschiebung der Altersgruppen wächst die Gefahr, dass die Älteren durch ihr strukturelles Wählergewicht die politische Agenda diktieren und Zukunftsthemen verdrängen." Themen wie Steuererleichterungen für Eltern oder öffentliche Kinderbetreuung fänden nachweislich bei älteren Menschen weniger Zustimmung. "Im Jahre 2030 werden wir in einer Opakratie leben, in der die Alten das Sagen haben." Die Zukunft 2030 hänge davon ab, wie Alte sich im Kampf um Pfründe, Posten und Parkbänke positionierten.
Caritasdirektor Pfarrer Oliver Merkelbach (Stuttgart) sprach von Verantwortung, die wir einmal in Bezug auf unser Handeln und die politischen Weichenstellungen heute für die Zukunft unserer Kinder und Kindeskinder hätten. "Als Caritas sehen wir uns außerdem in der Verantwortung, unseren Beitrag zu leisten, um gemeinsam mit anderen nach Lösungen zu suchen." Merkelbach appellierte an viel Fingerspitzengefühl und gegenseitigen Respekt.
Caritas-Journalistenpreis würdigt herausragende publizistische Leistungen
Sie halten den Sinn für die sozialen Anliegen in unserer Gesellschaft wach - dafür wurden vier Journalistinnen und Journalisten und ein Fotograf mit dem 27. Caritas-Journalistenpreis Baden-Württemberg ausgezeichnet.
Den mit 3.000 Euro dotierten ersten Preis des Wettbewerbs erhielt Peter Schwarz von der Waiblinger Kreiszeitung für seine dort erschienene vierteilige Serie "Die Flüchtlinge kommen". Eine Woche lang hat Schwarz in der Waiblinger Notunterkunft für Flüchtlinge mitgearbeitet. In mehreren Beiträgen beschreibt er facettenreich seine Erfahrungen dort und zeichnet eindrückliche Bilder von Menschen und ihren Lebens- und Fluchtgeschichten. Dabei gibt Schwarz seine journalistische Distanz auf, markiert das allerdings auch deutlich und reflektiert es.
Der zweite Preis mit einem Preisgeld von 1.000 Euro ging an Susanne Beßler für ihren im SWR-Fernsehen gesendeten Film "Aus mit dem Haus? Wie ein Familientraum doch noch wahr wird". Eine junge türkische Familie steht vor dem finanziellen Ruin, weil in dem fast fertigen Eigenheim eine falsch angeschlossene Heizungsleitung bricht und 40.000 Liter Wasser das Haus verwüsteten. Doch von unerwarteter Seite kommt Hilfe. So wurde der Film zu einem ansprechenden Plädoyer für bürgerschaftliches Engagement.
Ebenfalls mit einem zweiten Preis ausgezeichnet wurden Robin Szuttor (Text) und Andreas Reiner (Bild) von der Stuttgarter Zeitung für den Beitrag "Paule - Nachruf auf einen Außenseiter". Die Geschichte eines einsamen Mannes, der von Amts wegen nach seinem Tod in einem namenlosen Grab bestattet werden sollte. Das allerdings wurde verhindert. Robin Szuttor hat sich auf die Spurensuche begeben und schildert unspektakulär und ohne Effekthascherei das Leben und den Abschied von Paul.
Mit einer "Lobenden Erwähnung" wurden Sandra Müller und Katharina Thoms ausgezeichnet für ihre Multimediareportage "Jeder Sechste ein Flüchtling. Tausende Asylsuchende als Nachbarn" über die Landeserstaufnahmeeinrichtung in Meßstetten, die auf der Internetseite des SWR publiziert wurde. Sie ist eine beispielhafte, zeitintensive Begleitung einer sich erst entwickelnden Realität, kreativ und spannend aufbereitet in einem neuen medialen Format.
Der unabhängigen Jury lagen 83 Beiträge vor, die in Presse, Hörfunk, Fernsehen und Online erschienen sind.