Verbündete suchen, vernetzen und politisch aktivieren
Das Interesse an den 18. Süddeutschen Hospiztagen war enorm. Mit 200 Teilnehmenden war die Katholische Akademie in Freiburg restlos ausgebucht. Kein Wunder bei dem spannenden Tagungsthema, das überschrieben war: "… dann leben sie noch heute - Hospiz 2030". Unter diesem vielsagenden Titel ging es um die zentrale Frage, wie die Zukunft der Hospizbewegung aussehen wird.
Dass es die Hospizbewegung weiterhin braucht, ja, dass sie unverzichtbar bleiben wird, wenn die sich rasant wandelnde Gesellschaft ein menschenwürdiges Gesicht vom Anfang bis zum Ende des Lebens behalten soll, daran herrschte bei den Teilnehmenden der Tagung kein Zweifel. Ausgiebig diskutiert wurde vielmehr darüber, wie und unter welchen Bedingungen der Hospizgedanke in eine Welt und Gesellschaft hineingetragen und wirksam werden kann, in der Rationalisierung, Digitalisierung und Ökonomisierung in allen Bereichen immer bestimmender werden.
In der Palliativ-Versorgung ein Leuchtturm-Land
In einem Blick auf Geschichte und Gegenwart der Hospizbewegung verwiesen die Wiener Palliativ-Care-Wissenschaftlerin Sabine Pleschberger und Susanne Kränzle vom Hopsiz- und PalliativVeband Baden-Württemberg darauf, dass in den zurückliegenden Jahrzehnten einiges erreicht wurde. Deutschland sei in der Palliativ-Versorgung ein Leuchtturm-Land und die Hospizarbeit gut in strukturelle Rahmenbedingungen eingebunden, sagte Kränzle. Allerdings: Ein Viertel aller Land- und Stadtkreise sind noch ohne hospizliche Versorgung. Und: Vor allem im stationären Bereich geraten Hospize zunehmend in eine "Marktkonkurrenz" zu Sozialunternehmen, die hier einen weiteren "Geschäftszweig" wittern. Um mehr Einfluss im Sinne einer Orientierung an den Wünschen und Bedürfnissen von sterbenden Menschen und ihren Angehörigen zu nehmen, muss sich die Hospizbewegung deshalb stärker kritisch-konstruktiv in gesundheits- und gesellschaftspolitische Debatten einmischen, so das deutliche Signal bei den Hospiztagen.
Spannende und visionäre Ideen
Wie das geschehen kann und welche Voraussetzungen es dafür braucht, daran wurde in zahlreichen Workshops intensiv gearbeitet. Die Themenpalette reichte von der Vielfalt in der Hospizbegleitung über die Gewinnung von Ehrenamtlichen und gelingende Kooperationen zwischen Pflegeheimen und Hospizdiensten bis hin zu Fragen der Spiritualität. Gebündelt wurden die vielen Impulse schließlich in einer erfrischenden Zukunftswerkstatt. Die Ideen dort waren spannend und mitunter visionär. Um die Gesellschaft mit dem Hospizgedanken zu durchdringen, brauche es die gelebte Haltung jedes Hospizlers und jeder Hospizlerin. Man müsse regional Verbündete suchen, sie vernetzen und politisch aktivieren, den Hospizgedanken in die Schulen tragen ("Hospiz macht Schule"), eine eigene Hospizschule, eine Hospizpartei, ja, ein Hospizministerium gründen und - bei alledem und unabdingbar - für eine gute, zeitgemäße Kommunikation sorgen.
Fazit: Die Süddeutschen Hospiztage, veranstaltet vom Diözesan-Caritasverband Freiburg, dem Diakonische Werk Baden, dem Hospiz- und PalliativVerband Baden-Württemberg, der Evangelische Akademie Baden und der Katholische Akademie der Erzdiözese Freiburg, haben sich in der Fülle ihres Programms wahrlich als "gedankliches Becken erwiesen, aus dem man schöpfen kann", wie es einer der beiden Tagungsbeobachter am Ende auf den Punkt brachte. (tom)