„Der Heilige Geist steht nicht für Systemstabilisierung“
Ist christlich drin, wo christlich drauf steht? Mit dieser Frage beschäftigten sich die Delegierten auf der Vertreterversammlung der Diözesan-Arbeitsgemeinschaft Altenhilfe, Hospizarbeit und Pflege im Bürgerhaus in Bühl. Zudem hatten sie Gelegenheit, mit Weihbischof Bernd Uhl ins Gespräch zu kommen, der sich über Perspektiven der Altenhilfe in der Erzdiözese Freiburg äußerte.
Was macht das kirchliche Profil caritativer Einrichtungen aus? Woran wird es "ablesbar", erfahrbar? Die Ärztin und Theologin Doris Nauer, Professorin an der Philosophisch-Theologischen Hochschule Vallendar, versuchte in einem engagierten und lebendigen Vortrag, diesem christliche Profil in einer tieferen Dimension auf die Spur zu kommen. Ausgehend vom biblischen Gottesbild schlug sie einen Bogen zum christlichen Menschenbild und orientierte sich dabei besonders am Vorbild Jesu. Bei ihm hätten die Mitmenschen gespürt, dass Wort und Tat übereinstimmten. Das habe seine Glaubwürdigkeit ausgemacht.
Kultur des Miteinanders statt des Neben- oder Gegeneinanders
Ähnlich verhält es sich laut Nauer mit dem kirchlichen Profil in Einrichtungen und Diensten der Caritas. "Die Kernfrage ist: Spürt man bei Ihnen etwas von der Frohbotschaft?", fragte sie die Delegierten. Konkret erleb- und erfahrbar werde das letztlich am Umgang miteinander und mit anderen. Das christliche Menschenbild, das eine ganzheitliche Sichtweise des Menschen habe, fordere zum Handeln auf und zeige sich in einer "Kultur des Miteinanders statt des Neben- oder gar Gegeneinanders!", betonte sie. Diese Kulturfrage sei eine Leitungsfrage. "Christlich wird es nicht, wenn ich noch fünf Kreuze aufhänge", so Nauer. Vielmehr müsse zum Beispiel die christliche Grundbotschaft von der Erlösung aller Menschen auch im Alltag spürbar sein: "Führen wir ein entspanntes, entschleunigtes Leben? Dürfen alle mitarbeiten? Pflegen wir eine Jammerkultur oder bewahren wir unseren Humor, auch wenn Probleme im Moment nicht lösbar sind?", fragte sie pointiert in die Runde. Christ sein bedeute, zupackend zu helfen, sich gegen Ungerechtigkeit wehren, aber auch Erfahrungs- und Feierräume für die heilsame Gottesnähe zu eröffnen. Und Christsein bedeute, "auch einmal gegen die Herde zu laufen." Der Heilige Geist stehe nicht für Systemstabilisierung, sagte Nauer und brachte ihre Überlegungen zum kirchlichen Profil so auf den Punkt: "Wir brauchen mehr inhaltliche Auseinandersetzung, um zu sehen, ob wir noch in der Spur Jesu sind, und weniger Strukturdebatten!"
Sorge um die Seelsorge
Zum christlichen Profil, aber auch zu strukturellen Fragen äußerte sich anschließend Weihbischof Bernd Uhl, als Bischofsvikar zuständig für den gesamten Bereich der Caritas in der Erzdiözese Freiburg. Er habe "Sorge um die Seelsorge" in den Altenheimen, sagte er und plädierte entschieden dafür, diese wichtige Dimension in der Pflege nicht zu vernachlässigen. "Wenn Kommunen hier nicht investieren wollen oder können, dann heißt das, dass wir unsere Einrichtungen hier profilieren müssen", betonte Uhl. Für ihn ist eine Kapelle in den kirchlichen Altenpflegeheimen genauso nötig und wichtig wie der Kontakt zur Pfarrgemeinde. "Auch im Seelsorgeteam sollte es dafür personelle Zuständigkeiten geben", sagte er.
Bekenntnis zu dezentralen Strukturen
Mit dem Blick auf die stationären Einrichtungen bekannte sich Weihbischof Uhl zu dezentralen Strukturen. Dabei machte er auch klar, dass es für das Erzbischöfliche Ordinariat vorrangig ist, bestehende Altenheime zu sanieren als neue Plätze zu schaffen. Uhl warnte davor, angesichts der derzeit günstigen Zinsen am Kapitalmarkt in eine Goldgräberstimmung zu verfallen und gewinnbringend in neue stationäre Einrichtungen zu investieren. "Seien Sie vorsichtig", mahnte er. Man dürfe kein Überangebot schaffen und müsse auch die Trägervielfalt waren. (tom)